Genauere MRT-Auswertungen für Multiple-Sklerose-Patienten durch KI
Aktuelle Situation: Nur mit viel Erfahrung zur genauen Analyse
Multiple Sklerose (MS) ist bei jungen Erwachsenen die chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, die am häufigsten auftritt. Dabei kommt es zu Entzündungen im Gehirn, die zu dauerhaften Schäden und neurologischen Beeinträchtigungen führen. Je früher MS-Patienten behandelt werden, umso besser kann das Fortschreiten der Krankheit gestoppt werden. Den Krankheitsverlauf beurteilen Ärzte bisher anhand von Bildern des Gehirns, die mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) in regelmäßigen Abständen aufgenommen werden. Da diese Aufnahmen sehr komplex sind, braucht ein Mediziner viel Erfahrung, um sie richtig zu beurteilen. Hinzu kommt: MRT-Verfahren bilden kleine Gewebeveränderungen nur schlecht ab und erfassen Veränderungen, die keine Entzündungen sind, oft gar nicht. Präzise Ergebnisse wären aber wichtig, um eine Therapie exakt zu steuern und somit Patienten bestmöglich zu behandeln.
Innovation: Wie hilft KI dabei, das Problem zu lösen?
Das A und O einer erfolgreichen MS-Therapie ist die exakte Auswertung der MRT-Aufnahmen im Zeitverlauf. Möglich ist das bereits mit der sogenannten Voxel Guided Morphometry (VGM), die selbst bei stark geschädigten Gehirnen Veränderungen im Lauf der Zeit erfasst und wie in einer Art Landkarte des Gehirns abbildet. Der Nachteil dieser Technik: Die Datenverarbeitung ist so rechenintensiv, dass sie die Rechenkapazitäten niedergelassener Ärzte deutlich übersteigt. Deswegen wird diese Methode bisher nur in der Forschung eingesetzt. Das Problem der Rechenkapazität lässt sich mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) lösen, so dass die große Fülle an Bilddaten innerhalb weniger Sekunden ausgewertet wird, anstatt wie bislang in 20 bis 30 Minuten. Damit wäre die Methode auch in Arztpraxen einsetzbar.
Vorgehensweise: Training für die perfekte Karte
Das KI-basierte System muss zuerst trainiert werden, damit es aus zeitlich aufeinanderfolgenden MRT-Bildern eine VGM-Karte berechnen kann. Dafür sind Trainingsdatensätze erforderlich, die Informationen aus realen MRT-Aufnahmen sowie die daraus berechneten VGM-Karten von mehr als 200 MS-Patienten enthalten. Anhand dieser Daten lernt das KI-System, indem es selbst eine VGM-Karte entwirft, diese dann mit der bereits berechneten VGM-Karte von den über 200 MS-Patienten vergleicht und sich schrittweise diesem Ergebnis immer genauer annähert. Medizinische Experten überprüfen die Genauigkeit der durch das KI-System erstellten VGM-Karten. Anschließend wird der KI-Algorithmus in eine benutzerfreundliche Software für Arztpraxen integriert.
Ausblick: Weitere Hirnerkrankungen besser analysierbar
Neben MS sind auch Schlaganfälle und Hirntumore häufige neurologische Erkrankungen, die das Gehirn schädigen und Gewebeveränderungen aufweisen können. Für die richtige Therapie benötigen Ärzte auch bei diesen Diagnosen präzise Informationen zur Erkrankungsdynamik. Auch dafür könnte die KI-gestützte VGM-Methode wertvolle Erkenntnisse liefern.
Mehrwert: Mehr Zeit für die Patientenbetreuung
Das KI-gestützte Analyseverfahren erleichtert Neurologen und Radiologen die tägliche Arbeit enorm, da sie die VGM-Methode zur besseren und zielgenaueren MS-Therapie nutzen können. Gleichzeitig werden die Hindernisse für den flächendeckenden Einsatz der VGM-Methode durch das KI-gestützte Analyseverfahren behoben. Dadurch wird die Methode auch niedergelassenen Ärzten zugänglich gemacht. Damit bekommen sie umgehend eine Auswertung der Veränderungen im Gehirn ihrer Patienten, die bei weitem präziser ist als bisherige Analyseverfahren. Die so gewonnene Zeit können sie bei der Patientenaufklärung einsetzen, was sich wiederum positiv auf ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient auswirkt.
Konsortium: Wer sind die Projektbeteiligten?
- Universitätsmedizin Mannheim (UMM): Projektleiter Prof. Dr. Achim Gass vom Lehrstuhl für Neurologie/Neurologische Bildgebung und Prof. Dr. Lothar Schad vom Lehrstuhl für Computerunterstützte Klinische Medizin kooperieren, um innovative MRT-Ansätze zu entwickeln und deren klinischen Nutzen zu validieren.
- mediri GmbH, Heidelberg: Die Softwarefirma ist spezialisiert auf innovative Lösungen im Bereich medizinische Bildgebung. Sie bringt bei diesem Projekt ein System für das Bilddatenmanagement sowie die Software-gestützte Bildanalyse ein.
- MedicalSyn GmbH, Stuttgart: Als Entwickler von medizinischen Erfassungs- und Datenbanksystemen bringt MedicalSyn sein Know-how bei der Verwaltung klinischer Studiendaten ein.